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Die Jung-Imker
Klein, sanftmütig, auf ihr Ziel fokussiert und hochintelligent – das sind die unzähligen geflügelten Arbeiterinnen der Glemmtaler Imker. Die heimischen Bienenzüchter widmen sich mit voller Hingabe dem Fortbestand der Honigbiene, ohne die – wie Albert Einstein schon erkannte – ein Überleben der Menschheit kaum möglich wäre.
„Das wird ein Jahrhundert-Jahr!“, sind die drei Imkerkollegen gerade mitten in eine Diskussion über die laufende Honig-Saison vertieft, als ich sie für ein Interview für Saalbach Stories treffe. „Die Bäume stehen in Vollblüte und nahezu jeder Zaunpfosten blüht“, lachen die jungen Imker und die Freude über die perfekten Voraussetzungen für „ihre“ Bienen ist ihnen ins Gesicht geschrieben. Am Tisch sitzen der „Meister mit seinen Lehrlingen“. Der Meister, das ist Sepp Grünwald aus Hinterglemm. Er ist 83 Jahre alt und bereits mit 12 Jahren hat ihn das Bienen-Fieber gepackt, wie er erzählt: „Schon mein Vater und mein Großonkel hatten Bienen. Wenn ich damals von der Schule heimkam führte mich mein erster Weg nicht ins Haus zum Essen sondern zum Bienenstock. Heute habe ich selbst hundert Völker und kann meine Erfahrung an junge interessierte Imker weitergeben.“
Lehrjahre beim Bienen-Mentor
Joachim Mitterer und Siegi Bauer jun. sind zwei der vier Jungimker des Glemmtals und beide haben einen Grundkurs beim Imkereiverband absolviert. Doch ohne ihren Mentor wären sie nicht weit gekommen, erzählen sie: „Im Kurs lernt man das Wesentliche eines Bienenjahres. Doch die Praxis und alle Feinheiten lernt man nur bei einem ,Bienen-Ged‘.“ „Ged“ steht im Pinzgauer Dialekt für Patenonkel und so haben die beiden Sepp Grünwald als ihren Mentor auserkoren. „Wir können ihn bei allen Fragen anrufen, und dank ihm geht es unseren Völkern gut,“ sprechen Joachim und Siegi ein heißes Thema in Imkerkreisen an: die Varroamilbe. Diese tückische Bienenkrankheit vernichtet ganze Völker, doch Sepp Grünwald meint: „Mir ist noch kein Volk an der Varroamilbe gestorben. Mit viel Erfahrung und dem Wissen um den richtigen Zeitpunkt der Bekämpfung, kann man diesem Bienenschädling Herr werden. Darum ist es auch wichtig, dass unsere Imker sich hier im Glemmtal untereinander verständigen. Denn nur wenn alle in der Bekämpfung an einem Strang ziehen, können die Bienen flächendeckend gesund bleiben.“
Intelligente Arbeiterinnen
Joachim teilt die Begeisterung für die Honigbiene mit seinem Vater Sepp Mitterer, dem Chef der örtlichen Bergrettung. Gemeinsam haben sie sich tief in die Materie der Imkerei eingelesen und Joachim schwärmt über die Intelligenz und soziale Kompetenz der kleinen Insekten: „Der Mensch steht punkto Intelligenz an der Spitze der Säugetiere. Die Biene an der Spitze der Insekten. Findet eine Biene am Suchflug Nektar, fliegt sie in den Stock zurück und gibt die Information punktgenau mit Entfernung und Himmelsrichtung per Schwänzeltanz an die anderen Bienen weiter. Spürt sie ihr Ende, fliegt sie zum Sterben aus dem Stock, um ihrem Volk Arbeit zu ersparen. Und bei ihrem ersten Flug startet die Jungbiene rückwärts aus dem Stock, um sich ,ihren’ Eingang – von uns Imkern farblich oder mit Blumen markiert – genau einzuprägen.“ Genau diese Leidenschaft für das Leben der Bienen ist es, die für junge Imker so notwendig ist, weiß Sepp Grünwald. Er meint: „Wir brauchen nicht nur gut ausgebildete Imker. Ohne Herz und Leidenschaft nutzt das ganze Fachwissen nichts. Wer die Imkerei aus Imagegründen oder mit rein kommerziellen Absichten verfolgt, wird auf lange Sicht scheitern. Bei meinen beiden Jungimkern hier habe ich aber keine Sorge, dass sie ihre Völker gut durchs Bienenjahr bringen und auf viele Jahre eine gute Honigernte haben.“
Der Honig aus dem Glemmtal hat besondere Qualität, sind sich die drei einig: „Hier wird kein Pestizid verspritzt und die Wiesen werden nur maximal drei Mal im Sommer gemäht. Das sorgt für eine große Artenvielfalt an Kräutern und Blumen. Und diese Diversität schmeckt man im Honig aus Saalbach Hinterglemm.“ Honig steht bei den Imkern natürlich jeden Tag am Frühstückstisch und auch die Gäste dürfen mitnaschen. „Es ist ein schönes Präsent, wenn wir unsere Hausgäste bei der Abreise mit einem kleinen Glas Honig überraschen können“, meint Joachim, der neben seinem Job im Lagerhaus und seinen vielen sportlichen Hobbies noch genug Zeit für die Bienen findet. Bei Siegi, der als Bauer und Gastronom eigentlich vollauf beschäftigt ist, bringt die Bienenzucht noch weitere Vorteile: „Als Landwirt weiß ich, wie wichtig die Biene für meine Obstbäume und Felder ist. Von meinen Völkern profitiere daher nicht nur ich, sondern auch die benachbarten Bauern.
Sanftmütige Bienen
Geerntet wird, wenn die Bienen so weit sind. „Wenn sie den Honig in den Waben nicht abdeckeln, können wir auch nicht mit dem Schleudern beginnen. Erst wenn sie den Honig mit Wachs konserviert haben, wird es Zeit für die Ernte. Und dann heißt es bedächtig und entspannt vorgehen, denn schließlich ist die Entnahme des Honigs ein Eingriff in das Reich des Bienenvolks. Doch mit unserer Bienenrasse, der sanftmütigen Carnica aus Kärnten, ist das kein Problem, solange man selbst nicht hektisch oder gestresst ist“, verrät der Bienen-Meister, der durch seine ruhige Art auch nicht gestochen wird von seinen Bienen, und fügt hinzu: „Für die Imkerei muss man sich daher Zeit nehmen. So schnell, schnell nebenbei – das wird nichts!“ Viel könnten die drei von ihren Arbeiterinnen und Königinnen noch erzählen und ihre Faszination ist ansteckend. Wer Interesse am Leben der Bienen hat, kann im Heimathaus Saalbach den Schau-Bienenstock besuchen und auf Anfrage stehen auch die Imker für Auskunft zur Verfügung.