Der Hochalm Speichersee in November
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PUMP IT UP - Speicherseen im Fokus

Welche Rolle spielt moderne Beschneiungstechnik für Natur und Skisport?

Über Jahrzehnte sprach man von "Kunstschnee", wenn man maschinell erzeugten Schnee meinte. Künstlich ist am weißen Endprodukt allerdings nichts. Jedoch gehört ein gewisses Maß an Kunst, ganz schön viel technisches Know How und auch etwas Magie dazu, um aus Wasser perfekte Pisten zu zaubern. Dieses Wasser kommt zum Großteil aus unseren Speicherteichen. Inzwischen spricht man von Speicherseen, da die Bezeichnung den modernen Speichern gerechter wird. In dieser Story blicken wir gemeinsam hinter die Kulissen moderner Beschneiung.

Die Mischung macht's!

Die Ansprüche moderner Skifahrer an die Pistenqualität unseres Skigebietes wandelten sich in den letzten 30 Jahren fundamental. Für die "perfekte Piste" spielen viele Faktoren mit. Die ideale Grundlage bietet eine ausgewogene Mischung aus Natur- und Maschinenschnee, um perfekte Ergebnisse in puncto Präparierbarkeit, Haltbarkeit und Fahrgefühl zu erreichen. Durch die unterschiedliche Körnung gleicht der kompakte Maschinenschnee die Schwächen von Naturschnee aus, der luftige Aufbau der Naturschneekristalle wiederum gibt der Sache die nötige Lockerheit.

Der ewige Kreislauf des Wassers

Die Wasserversorgung der einzelnen Schnee-Erzeuger erfolgt über Pumpanlagen und Druckleitungen. Wo immer möglich wird energieeffizient die Schwerkraft genützt, um den nötigen Druck aufzubauen. Bevor das Wasser jedoch zum Schnee-Erzeuger gelangt, wartet es in einem der zahlreichen Speicherseen im Skigebiet auf seinen Einsatz. Nach dem Winter wird ein Gutteil des Schnees in Form von Schmelzwasser wieder in die Speicherseen zurückgeführt. Somit füllt der Schnee von gestern den Speicher für den Schnee von morgen. Der Kreislauf beginnt von vorne und das Wasser wird den untenliegenden Gewässern wieder geregelt zurückgeführt.

 

Die Rolle der Speicherseen im Hochwasserschutz

Die Speicherseen spielen ganz nebenbei eine wichtige Rolle im Hochwasserschutz. Einerseits wird durch Drainagen entlang der Pistenbereiche gezielt Wasser aus den Hängen in die Speicherseen abgeleitet, was einer Durchweichung der Böden vorbeugt und somit die Gefahr von Hangrutschungen senkt.

Andererseits fungieren die Speicherseen als Pufferzonen. Fallen extreme Niederschlagsmengen in kurzer Zeit - zum Beispiel während sogenannter "Hochwetter" im Sommer - würde das gesamte Wasser, das sich auf einem Berg sammelt, sehr schnell talwärts fließen. Dies kann Gewässer wie die Saalach sehr schnell an ihre Aufnahmegrenzen bringen und im schlimmsten Fall Überflutungen zur Folge haben. Speicherseen wirken hier entgegen, indem sie Teile des Wassers aufnehmen, am Berg halten und dann dosiert - gesteuert über Wehre - abfließen lassen. 

Und der ökologische Aspekt?

Keine Frage: Angelegte Speicherseen sowie die ganze Infrastruktur wie Pumpstationen, Leitungen und Schnee-Erzeuger stellen einen Eingriff in die Natur dar. Das ist allen, die in diesem Bereich tätig sind und Projekte planen sowie umsetzen, bewusst. Es in unserem ureigensten Interesse, die Natur intakt zu halten, sowie die Einflüsse durch touristische Infrastruktur zu minimieren. Schlussendlich leben wir ja selbst in, von und mit unserer Umwelt und es geht um unsere Lebensqualität.

Bevor es überhaupt zum Spatenstich kommen kann, muss ein vielschichtiges Verfahren durchlaufen werden. Neben der aufwändigen Planung mit geologischen und wasserrechtlichen Aspekten spielt hier die Umweltverträglichkeit eine große Rolle. Unabhängige Stellen wie die Salzburger Umweltanwaltschaft spielen eine tragende Rolle und beurteilen etwaige Auswirkungen auf die örtliche Flora und Fauna. Sind schützenswerte Pflanzen oder Tiere in ihrem Lebensraum durch das geplante Projekt eingeschränkt oder gar bedroht, ist die Sache vom Tisch.

 

Geben und Nehmen

Steht dem Projekt nichts im Wege, so wird beim Bau besonders darauf geachtet, ein ausgewogenes Verhältnis aus Geben und Nehmen zu schaffen. So werden beispielsweise in den Speicherseen Flachwasserbereiche angelegt, die Amphibien und Insekten als Lebensraum dienen. Bereits in der Planung wird großer Wert darauf gelegt, dass sich Speicherseen möglichst nahtlos in die Landschaft einfügen. Ein wichtiges Thema: Die Humusschicht wird samt Vegetation sorgsam abgetragen und binnen kürzester Zeit an anderer Stelle wieder angesiedelt. Die "Wasen" (plump gesagt riesige Grasziegel) können so samt der Pflanzen übersiedelt werden. Diese Herangehensweise sichert eine umgehende Renaturierung der bebauten Bereiche, wodurch der Lebensraum für Amphibien, Vögel und Kleintiere so rasch als möglich wiederhergestellt wird.

Großprojekt mit kurzen Wegen am Reiterkogel

Hoch über Hinterglemm entsteht aktuell in zweijähriger Bauzeit der neue Rosswald-Speichersee. Der talseitige Damm wird ausschließlich mit Gesteinsmaterial gebaut, welches bergseitig abgetragen und vor Ort gebrochen wird. Die bereits erwähnten Wasen werden in diesem Bereich ebenfalls einfach 100 m Luftlinie übersiedelt und begrünen "in Echtzeit" die Außenseite des Damms. Somit sind die Wege kurz und es muss kaum Material für den Dammbau aufwändig aus dem Tal auf den Berg transportiert werden.

 

Der neue Rosswald Speichersee wird als Jahresspeicher den Jahreswasserbedarf der Schneeanlage am Reiterkogel decken. Bei der landschaftsökologischen Gestaltung werden mehrere unterschiedliche Ersatz- und Ausgleichsmaßnahmen umgesetzt. So wird zum Beispiel ein 200 m² großer, naturnaher Tümpel (Himmelsteich) als neuer Lebensraum für wasserbewohnende Tiere und Pflanzen errichtet.

 

Daten und Fakten zum neuen Rosswald Speichersee
  • Baubeginn August 2020
  • voraussichtliche Fertigstellung im Dezember 2021
  • Gesamtnutzinhalt: 230.500 m³
  • 96 % der Pistenflächen im Reiterkogel können damit beschneit werden
  • Pumpstation: Gesamtwasserleistung im Endausbau: 528 l/s
  • Maximale Höhe Dammkrone: 42m
  • Maximale Wassertiefe: 13m

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