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Von Jägern und Pflegern
Österreich gilt mit einem Waldanteil von 47 Prozent als ein sehr waldreiches Land. Auch das Glemmtal ist dicht bewaldet. Der Rohstoff Holz zählt in den Alpen seit jeher zu den wichtigsten Wirtschafts- und Lebensgrundlagen. In dieser Story steht aber nicht die Forstwirtschaft im Fokus, sondern die Hege- und Pflegemaßnahmen der Jägerschaft in den Wäldern rund um Saalbach Hinterglemm. Wir haben Camilla Schwabl – einheimische Gastgeberin, Mama von zwei Kindern und Jägerin aus Leidenschaft – getroffen und uns mit ihr über Traditionen, Wissenswertes über Arbeiten mit und in der Natur und das Glemmtal als Lebensraum für Wildtiere unterhalten.
Jagdgebiet Glemmtal
Das Jagdgebiet der "Jagdgesellschafft Schattberg" liegt am über 2.000 Meter hohen Schattberg in Saalbach und wird - so wie das Jagdgebiet in der Großglocknerregion - von Camilla als einziger Frau, Camillas Mann Hannes und seinen befreundeten Jägern schon in zweiter Familiengeneration betreut. Besondere Arbeit leisten vor allem die fleißigen Jung-Jäger in der Hege- und Pflegearbeit. Ein großer Unterschied zur Jagdregion im Großglocknergebiet, welche hauptsächlich von Hannes und einem Kollegen sowie den Jung-Jägern betreut wird, besteht darin, dass die Jagdreviere in Saalbach Hinterglemm quasi in direkter Nachbarschaft zu Liftanlagen, Skipisten, Wanderwegen und Bike-Trails existieren. Umso wichtiger ist es, dass wir alle uns an die Regeln des Projekts „RespekTIERE deine Grenzen“ halten, damit wir für das Wild keine Störfaktoren sind.
Aufgaben der Jäger & Jägerinnen – im Jahreskreis
Der Überbegriff für die Aufgaben der Jägerschaft lautet „Hege- und Pflegearbeiten“. Dieses Kredo enthält unzählige Arbeiten, die sich über das gesamte Jahr verteilen.
Im Winter…
…ist die Zeit für Wildtiere besonderes herausfordernd. Die Kälte, der Schnee und das spärliche Nahrungsangebot machen den Tieren zu schaffen. Hirsche fallen in der kalten Jahreszeit in eine Art Stoffwechselruhe. Der Herzschlag und die Aktivitäten der Organe werden gesenkt und die Tiere benötigen in diesem Zustand viel Ruhe. Jegliche Aktivitäten, die nicht unbedingt nötig sind, werden instinktiv vermieden.
Die große Bitte an Wintersportler: Haltet Ruhebereiche und Ruhezeiten der Wildtiere ein – es gibt besonders geschützte Areale, die den Tieren im Winter als überlebenswichtige Rückzugs- und Erholungsbereiche vorbehalten sind. Bitte respektiert diese und nutzt die öffentlichen Flächen für die unterschiedlichen Wintersportarten. Fluchtversuche – besonders im hohen Schnee – können beim Wild zu lebensbedrohlichen Erschöpfungszuständen führen. Weitere Infos zur Initiative RespekTIERE deine Grenzen findet man hier.
Um die Tiere in dieser Zeit bestmöglich zu unterstützen, werden in den Jagdgebieten, die von Camilla und Hannes Schwabl mitbetreut werden, Fütterungsstationen aufgebaut. Mit den regelmäßigen Fütterungen, welche kurz vor dem ersten Schneefall beginnen und bis ins Frühjahr dauern, wird der Wildtierbestand mit einer konstanten Kalorienzufuhr gesichert und der Wald somit vor Wildschäden geschützt. Der Bereich wird neben der Beobachtung der Tiere zur Bestandszählung genutzt.
Im Frühling…
…beginnt die Jagdsaison mit den Reparaturen der im Jagdgebiet verteilten Hochsitze. Besonders nach schneereichen Wintern nimmt dies viel Zeit und Arbeit in Anspruch. Die jagdlichen Beobachtungseinrichtungen werden mit heimischen Hölzern an gezielt ausgesuchten Plätzen errichtet und fügen sich nahtlos in die umliegende Landschaft ein.
Außerdem findet im Frühling das Hegeringschießen statt – ein traditionelles Treffen für Jäger und Jägerinnen der Region in dessen Zuge die Funktion der Jagdwaffen überprüft wird.
Im Sommer…
…beginnt die Wildstands-Regulierung unterschiedlicher Arten laut dem offiziellen Plan für das Bundesland Salzburg. Die jagdrechtlichen Bestimmungen regeln die Maßnahmen die nötig sind, um das Öko-System im Gleichgewicht zu halten. Die Zyklen der Tiere wie Brunft, Trächtigkeit, Geburt und Aufzucht fließen in die Regelungen ebenso ein wie die unterschiedlichen Gegebenheiten der Region. Wildbestands-Regulierungen sind notwendig, um die natürliche Fauna und Flora zu bewahren. Junge Bäume müssen vor der Schälung beschützt werden und ein zu großer Tierbestand führt zu Krankheiten und Seuchen. Die zuständigen Jägerinnen und Jäger tragen Verantwortung für die Erfüllung der offiziellen Abschusspläne.
Im Herbst…
…werden die Wildtier-Futterstellen mit Heu bestückt. Der oft tiefe Schnee während der Wintermonate macht ein Erreichen der Futterplätze schwierig – aus diesem Grund wird das getrocknete Gras bereits im Herbst dort platziert und muss im Winter nur mehr aufgefüllt werden. Mit der Fütterung der Rehe wird im Herbst begonnen.
Wildbestands-Kontrolle im Jagdgebiet
Mit der dichten Besiedelung in ganz Europa hat sich auch das Verhalten der Tiere verändert. Vor mehreren Jahrhunderten wählten Hirsche die milden Auenlandschaften als bevorzugten Lebensraum – mit der Erschließung dieser Regionen zogen sich diese und viele weitere Wildtiere in die Berge zurück. Fehlende Fressfinde und zunehmend milde Winter in den Alpen hätten Überpopulationen zur Folge, weshalb der Mensch hier als Regulativ eingreifen muss. Aus diesem Grund wird auf einen gesunden Bestand geachtet. Dies geschieht durch Fütterung in strengen Wintern ebenso wie durch die genau geregelte Bejagung. Einmal jährlich werden die Entnahmen, die im Rahmen des Jahresplanes getätigt wurden, offiziell kontrolliert und ausgewertet.
Für Camilla und ihren Mann Hannes ist es sehr wichtig, die Verarbeitung des Fleisches – des sogenannten Wildbrets - selbst in die Hand zu nehmen. Das Fleisch wird selbst aufgearbeitet und in höchster Qualität zubereitet. Man merkt seit Jahren eine steigende Nachfrage nach hochwertigen Produkten aus nachhaltiger Herkunft. Menschen achten immer mehr auf einen verantwortungsbewussten und achtsamen Umgang mit Tieren.
Jagdhunde im Einsatz
Als erfahrene Hundeführer arbeiten Camilla und Hannes Schwabl mit ausgebildeten Jagdhunden. Die Hunde werden in die Familie integriert und unterstützen bei der Jagd aufgrund ihres ausgeprägten Geruchssinnes. Vor einigen Wochen sind Rauhaardackel „Viggerl“ und der Hannoverscher Schweißhund „Django“ bei der Familie eingezogen – und werden schon bald ihre Ausbildung zu Jagdhunden beginnen.
Camilla Schwabl sieht in ihrer Jägerschaft nicht nur ein Hobby – sondern eine Passion und wichtige Aufgabe. Schon ihr Großvater war Berufsjäger – vielleicht liegt diese Leidenschaft für die heimischen Wälder und die Naturverbundenheit schon im Blut. Nachdem auch ihr Mann Hannes seine Zeit leidenschaftlich gerne im Wald verbringt, hat sie im Jahr 2012 beschlossen, die Jagdprüfung zu absolvieren und schrieb sich für den Langzeitkurs über sechs Monate ein. Ihre wichtigste Botschaft: „Wenn sich alle an ein paar einfache Regeln halten, steht einem erfolgreichen und entspannten Miteinander nichts im Wege.“