Good Bye Kohlmaisbahn

„Heute kommen viele Einheimische für eine letzte Fahrt mit der Gruppenbahn. Ich bekomme Gänsehaut, wenn ich daran denke, dass morgen alles abgerissen wird“, verrät mir die Dame an der Kassa in der Talstation der Kohlmaisbahn mit leichter Melancholie. Kein Wunder, denn die Kohlmaisbahn ist nicht irgendeine Bahn. Sie hat 30 Jahre lang das Ortsbild geprägt. Nicht jeder liebte sie, doch die feuerroten Gondeln, die sich in vier Fünfergruppen zwischen Kohlmaisgipfel und Zentrum bewegten, waren immer ein Wiedererkennungsmerkmal des Skicircus.

Erinnerungs-Selfie mit der Gruppenbahn

Zur nostalgischen Finalfahrt treffe ich mich mit dem ehemaligen Betriebsdirektor der Saalbacher Bergbahnen, Wilfried Höller und dem ehemaligen Betriebsleiter Rudi Möschl. Auch Wilfried Höllers Frau Lisbeth schließt sich unserer Nostalgie-Fahrt an. Wir stehen an der Talstation, wo die Bagger und Bulldozer schon in Warteposition stehen, und die große Baugrube signalisiert: Es ist Zeit für einen Neubeginn. Ein Neubeginn war es auch im Jahr 1987, als man mit der Bauplanung für die erste Gondelbahn auf den Kohlmais begann. Wilfried Höller erinnert sich noch gut: „Wir waren bereits in Vorbereitung für die Alpine Ski-WM 1991 und wollten für den Ansturm gerüstet sein. Trotzdem wirtschaftete man sparsam und diese Sonderbahn der Firma Doppelmayr versprach nicht nur günstigere Baukosten, sondern auch einen energiesparenden Betrieb. Geplant worden ist die Bahn für uns vom Ingenieurbüro Salzmann in Bregenz. Für die Kohlmaisbahn war auch weniger Personal nötig, als bei anderen Umlaufbahnen. Heute allerdings ist die Gruppenbahn nicht mehr zeitgemäß und muss einer effizienteren Bahn weichen.“ Während auch andere Einheimische noch schnell ein Selfie mit den roten Kabinen machen, besteigen wir vier die letzte Gondel der Gruppe und Wilfried Höller lacht: „Im ersten Betriebswinter durfte die Bahn – da es ja ein ganz neues Konzept war – nur mit einer Geschwindigkeit von fünf Metern pro Sekunde fahren.“ Langsam schweben wir aus dem Zentrum von Saalbach hinauf auf den Kohlmais und gegengleich fährt eine Gondelgruppe ins Tal. „Durch die einzelnen Gruppen musste die Mittelstation exakt in der Mitte gebaut werden – nur so können aus alle vier Fünferpärchen gleichzeitig Passagiere aus- oder zusteigen“, erklärt der pensionierte Betriebsleiter der Kohlmaisbahn, Rudi Möschl.

Topmoderne 10er-Gondeln

Als der Neubau der Mittelstation in Sichtweite kommt erzählt Wilfried Höller vom neuen Bauprojekt: „Eine topmoderne 10er-Einseilumlaufbahn wird ab der kommenden Wintersaison die Gäste schnell und komfortabel auf den Kohlmais bringen. Wartezeiten werden dadurch eliminiert. Schon in den nächsten Tagen werden die zwanzig Gondeln ausgehängt und die Seilbahn demontiert. Die Talstation wird abgerissen und an ihrer Stelle entsteht ein neues Gebäude mit 100 Tiefgaragenplätzen und Mitarbeiterwohnungen. Die Gäste gelangen von der Skiliftstraße direkt zum Kassenbereich und mit Aufzügen geht es bequem hinauf zum Einstieg. Während der Bauphase im Sommer ist in diesem Jahr ersatzweise die Schönleitenbahn im Betrieb. Auch wird der Kinder-Erlebnisweg Montelino nur eingeschränkt begehbar sein. Doch ich denke, unsere Sommergäste werden uns die Baustelle verzeihen, wenn dafür ab Dezember eine schnelle und effiziente Bahn für noch mehr Komfort sorgt.“

Während wir die letzten Meter zum Gipfel schweben, möchte ich noch wissen: „Was passiert eigentlich mit den feuerroten Gondeln der Kohlmais Gruppenbahn?“ „Die wurden verkauft“, verrät Wilfried Höller, nimmt seine Frau Lisbeth in den Arm und lacht verschmitzt: „Ich habe  mir natürlich auch eine reserviert, und die wird bald als Gartenhütte hinter unserem Haus stehen. Meine Erinnerung an das langjährige optische Markenzeichen des Ortes!“ Auch dem Liftpersonal ist etwas Wehmut anzumerken, wenn man sich gegenseitig versichert: „Schön war sie schon! Aber es ist Zeit für was Neues!“ Während Wilfried Höller mit seiner Frau und Rudi Möschl noch eine letzte Runde mit der Bahn dreht, verabschiede ich mich und werfe einen letzten Blick auf die Gondelgruppen, bevor ich in meine Skier steige und mich winkend über die frühlingshaften Pisten schwinge: „Good Bye, Kohlmaisbahn“