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Trailrunning in Saalbach Hinterglemm
Laufen, über Stock und Stein. Schnaufen wie eine Dampflok. Sich fragen, warum man das macht. Im Dampflokstil weiterlaufen. Früher überließ ich das Laufen auf den Berg und am Berg gerne anderen Bergfanatikern. Das ist heute jedoch nicht mehr so. Trailrunning löst in meinen Lungenbläschen mittlerweile kleine Begeisterungsstürme aus. Anfang Juli entführte ich meine Lungenbläschen ins Salzburger Land und erschnupperte die Trails rund um Saalbach Hinterglemm.
Es tut sich nämlich was auf den Glemmtaler Trails! Hier werden auf den Trails nicht nur mit dem Mountainbike die Gesetze der Schwerkraft außer Kraft gesetzt, auch für Trailrunner, und solche die es noch werden wollen, bieten die Wanderwege in Saalbach Hinterglemm perfekte Bedingungen. Dass dem so ist, beweist das Top-Event Saalbacher Trailrun. Jährlich stellt sich Groß und Klein am Berg der Herausforderung des Berglaufs. Distanzen zwischen 5 und 42 Kilometern mit 240 bis 3.300 Höhenmeter sind dabei auf unterschiedlichen Strecken zu absolvieren. Ein sehr ausgewogenes Angebot für alle Altersgruppen und Anforderungen.
Wenn wir schon beim Angebot sind lohnt sich ein Blick auf die interaktive Freizeitkarte. Hier finden sich einige Trailtipps für die Laufbegeisterten unter der Bergsonne. Und wie es sich für Saalbach gehört: Die Auswahl lässt keine Wünsche übrig. Vom gemütlichen Panoramalauf bis zur 20-Stunden-Euphorie werden wohl alle Leistungslevels abgedeckt.
Panorama Trailrun 2.0
Geheime Informationsquellen in Saalbach meinen: Im Glemmtal scheint immer die Sonne. Außer wenn es regnet. Doch wenn Engel – wie ich – reisen, kommt die Sonne immer raus, und dieser heutige Sonnentag verspricht Fernblicke. Was wäre ich für ein Rüpel, wenn ich diese Panoramen nicht in mich aufsaugen würde! Ideal dafür eignet sich der Panorama Trailrun 2.0. Ausgehend von der Bergstation der Zwölferkogelbahn führt der Trail über 14 Gipfel (!) in einem Bogen zur Bergstation am Schattberg. Man kann sich an den Ausblicken Richtung Dachstein, Watzmann, Hohe Tauern und weiß die Alpendohle noch wohin, kaum sattsehen. In Zahlen: 19 Kilometer, 1.400 Höhenmeter im Aufstieg. Für geübte Trailläufer ein wahrer Genuss, für Beginner eine aussichtsreiche Herausforderung. Wer es jedoch noch ein klein wenig gemütlicher haben will, kann sich an der Erstversion des Panorama Trailruns mit 17,5 Kilometern und 900 Höhenmetern versuchen.
Für Freigeister und Bastelakrobaten wie mich, lassen die Wanderwege in Saalbach fordernde und schöne Trailruns zu. So habe ich mir meinen eigenen „Trail“ zusammengebastelt.
Von Saalbach aufs Spielberghorn
Wie schon erwähnt: In Saalbach scheint immer die Sonne. Außer wenn es regnet. Und heute regnet es. Macht aber nix. Hier halte ich mich ganz an den deutschen Komiker und Wort-Künstler Karl Valentin, der einmal sagte: „Ich freue mich, wenn es regnet, denn wenn ich mich nicht freue, regnet es auch.“ Die Freude lebe ich schon wenige Minuten nach Beginn meines Runs im Saalbacher Ortszentrum aus. Durchgewaschene Walderdbeeren am Wegesrand laden mich zu einem fruchtigen Frühstück am Spielbergbach ein. Nicht einem Trail entsprechen jedoch die ersten Höhenmeter aus Saalbach raus, denn es gilt auf einer Asphaltstraße den Ort zu verlassen.
Bald ist der Asphalt aber auch Vergangenheit und diesen soll ich erst wieder in Saalbach wiedersehen. Auf einer Schotterstraße nähere ich mich dem Spielberghaus. Das Wetter ist hier noch etwas wechselhafter als der Untergrund. Besonders lautstark in Erscheinung tritt hier die Stille. Neben den Kühen am steil aufsteigenden Wiesenhang bin ich allein auf weiter Flur und blicke nach Tirol. Denn hier am Spielberghaus trennt der Spielbergsattel den Salzburger Spielbergbach vom Tiroler Spielbergbach. Ab hier schalte ich in Trailrun-Modus um. Bis hierher war es ein gemütlicher Aufwärtslauf, doch jetzt geht’s im Laufschritt auf schmalen Wegen bergauf zur Wirtsalm.
Nach einem schnellen Intermezzo auf einer Schotterstraße bei der Wirtsalm, kann ich mich kurz als Tiroler fühlen. Der Run zum Spielberghorn ist nämlich im wahrsten Sinn ein Lauf, um Grenzen zu überschreiten. So schwanke ich stets zwischen Salzburg und Tirol – dies mittlerweile auf einem steilen Wiesentrail. Als entgegengesetzter Pacemaker fungiert kurzzeitig eine Kuh, die ebenso im Laufschritt auf mich zugerannt kommt. Sie ist jedoch noch mehr über den Gegenverkehr verwundert als ich und weicht aus. Ich hab die Kühe voll im Griff.
Das Spielbergtörl auf etwa 1.670 Metern soll mir heute am Rückweg noch ein zweites Mal unterkommen. Während die Sicht auf umliegende Berge stets von schnell vorbeiziehenden Wolkenbändern getrübt wird, blicke ich voller Erwartung Richtung Spielberghorn. Der Regen der vergangenen Tage hat den Boden aufgeweicht, meine Schuhe versinken kurzzeitig bei einem unüberlegten Schritt in den Untiefen des Spielbergtörler Erdreiches. Ein lautes „Schlurp“ später bin ich schon wieder am Weg, muss jedoch die megadynamische – mit ein wenig Übertreibung – Laufbewegung zum Spielberghorn mehrmals unterbrechen. Gewollt, weil mich die Wolkenstimmung zum Fotografieren zwingt und ungewollt, weil es einige Stellen mit Drahtseilen zu überwinden gilt und zwei schmale Felsdurchgänge auch noch erledigt werden wollen. Die heiklen Stellen sind zwar nicht ausgesetzt, doch die nassen Schieferplatten sorgen für entsprechende Rutschgefahr. Hier gilt also besondere Vorsicht!
Wenn ich nun das schreibe, was kurz vor dem Gipfel passiert ist, glaubt es mir sowieso niemand. Ich schreib’s trotzdem! Wenige Höhenmeter unter dem schon sichtbaren Gipfelkreuz blicke ich in den blauen Himmel. Zwar noch mit einigen weißen Schlieren davor, aber dahinter blitzt es blau hervor. Obwohl hier am Gipfel des 2.044 Meter hohen Spielberghorns der kalte Wind durch meine Kleidung zieht genieße ich die wenigen Wolkenfenster. Höher kann ich in einem Umkreis von 6,7 Kilometern rund um den Gipfel nicht laufen. Gut, dass ich hier bin!
Den Rückweg vom Gipfel kenne ich ja mittlerweile. Im Abstieg sind die heiklen Seil- und Felspassagen noch mit ein wenig mehr Vorsicht zu genießen! Für Ablenkung am Weg zum Spielbergtörl sorgen jedoch die unglaublichen Ausblicke! Die Wolkendecke hat langsam die Schnauze voll und verzieht sich sichtbar.
Trailrunning ostwärts kann immer so definiert werden, dass man dem Sonnenaufgang entgegenläuft. So ungefähr fühlt es sich an diesem Nachmittag an. Nachdem ich die Unterstandshütte am Bernkogel passiert habe, kämpft sich die Sonne immer mehr durch die Wolken und strahlt auf den schmalen Trail, welcher stets am Kamm zum Kohlmaiskopf führt.
Nach dem felsigen und erdigen Run auf das Spielberghorn, sorgt der mystisch anmutende, schmale Waldtrail für eine willkommene Abwechslung. Immer wieder erhasche ich durch den dichten Wald Ausblicke auf die schroffen Felswände der Leoganger Steinberge. Macht das Spaß! Von Anstrengung keine Spur - einfach laufen und genießen.
Abwechslungsreich, ein 2.000er, keine Menschenseele getroffen, Felssteige, Waldtrails... Was für ein genialer Lauf war das bitte! Auf Regen folgt ja bekanntlich Sonnenschein. Und wie war das nochmal mit „wenn Engel reisen“?